„Arbeitsmarkt Tirol 2030“: Fahrplan auf Schiene
Strategie für Tiroler Arbeitsmarkt steht – breiter Beteiligungsprozess zahlreicher Sozial- und Interessenspartner
- Erwerbsbeteiligung fördern, Aus- und Weiterbildung unterstützen, Teilhabechancen am Arbeitsmarkt verbessern
- Erweiterung von Landesförderungen, Ausbau der Ausbildungshilfe für Lehrlinge von 100 auf 200 Euro
- Koordinationsstelle bei der amg-tirol zur Umsetzung der Strategie
Drei Strategiefelder, neun Ziele und 21 Maßnahmenfelder: Das ist die Strategie „Arbeitsmarkt Tirol 2030“, die gemeinsam mit Sozialpartnern und Interessensvertretungen erarbeitet wurde. Heute, Dienstag, präsentierten die für den Arbeitsmarkt zuständige Landesrätin Beate Palfrader sowie Wirtschaftslandesrat Anton Mattle gemeinsam mit Erwin Zangerl, Präsident Arbeiterkammer (AK) Tirol, Martin Wetscher, Vizepräsident Wirtschaftskammer (WK) Tirol, Philip Wohlgemuth, Landesvorsitzender Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Alfred Lercher, Geschäftsführer Arbeitsmarkt Service Tirol (AMS), die Eckpunkte des Konzepts. Das Ziel ist klar: auch im Jahr 2030 einen starken und weiterhin zukunftsfähigen Tiroler Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Konkret zielt die Strategie darauf ab, die Erwerbsbeteiligung der in Tirol lebenden Menschen zu fördern, indem die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf verbessert und die Menschen beim Einstieg in und Verbleib am Arbeitsmarkt unterstützt werden. Ebenso sollen Aus- und Weiterbildungstendenzen noch stärker unterstützt und die Teilhabechancen am Arbeitsmarkt für Personen verbessert werden, die besonders gefährdet sind, arbeitslos zu werden.
Arbeit als Teilhaberecht
„Ganz im Sinne einer kooperativen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit wurde die Strategie ‚Arbeitsmarkt Tirol 2030‘ mit der gebündelten Kraft der Sozial- und Interessenspartner gemeinsam ausgearbeitet. Das Ergebnis zeigt einen klaren Weg für Tirol: Der Anteil von Personen im erwerbsfähigen Alter an der Gesamtbevölkerung wird sinken – das heißt, wir müssen die Erwerbsbeteiligung fördern. Strukturelle Veränderungen wie die Digitalisierung oder die ökologische Transformation der Wirtschaft werden Art und Weise der Arbeitstätigkeiten verändern – das heißt, wir müssen die Aus- und Weiterbildung unterstützen. Zudem strukturiert Arbeit den Alltag der Menschen und schafft Bildungs- und Lernerfahrungen sowie soziale Identität – das heißt, wir müssen die Teilhabechancen am Arbeitsmarkt verbessern“, verweist LRin Palfrader, auf deren Initiative die Strategie für den Arbeitsmarkt entwickelt wurde, auf die drei Strategiefelder. „Mit der Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030 ist ein Fahrplan auf Schiene, mit dem die Politik als auch die Sozial- und Interessensvertretungen unter dem Motto ‚Arbeit ist ein Teilhaberecht‘ einen ganzheitlichen Entwicklungsplan in Händen halten, der nun laufend umgesetzt wird – auch mit Fokus auf zu ändernde Rollen- und Integrationsbilder am Arbeitsmarkt“, sind LRin Palfrader und LR Mattle überzeugt.
Im Rahmen der Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol gelte es – neben vielen anderen Zielen – Rollenbilder abzubauen und für gemeinschaftliche Betreuungsarbeit zu sensibilisieren. Dazu wolle man vonseiten des Landes in einem ersten Schritt verstärkt Job- und Topsharing (zwei oder mehr MitarbeiterInnen teilen sich eine Vollzeit- bzw. Führungsstelle) als Beschäftigungsmodelle prüfen, wodurch Frauen beispielsweise verstärkt in Führungspositionen gelangen können, was sich in der Folge positiv auf die Lohnschere auswirkt. Zudem sollen Förderungen erweitert werden: Neben der Verlängerung und Optimierung des Weiterbildungsbonus Tirol soll das Bildungsgeld update für Weiterbildungen mit einem hohen Online-Anteil geöffnet werden. Auch Lehrlinge profitieren von Arbeitsmarktmaßnahmen: Sie erhalten im Rahmen der Ausbildungsbeihilfe ab 1. September 2022 statt 100 nun 200 Euro monatlich während der gesamten Lehrzeit. „Über alles Bestehende hinaus sind diese Maßnahmen erste Schritte im Rahmen der Strategie. Der gesamte Umsetzungsprozess wird in den nächsten Jahren strukturiert und in enger Kooperation von Land und Sozialpartnern vonstattengehen“, fügt LRin Palfrader hinzu.
Negativtrends am Arbeitsmarkt entgegensteuern
Nachdem der Tiroler Arbeitsmarkt bis zum Ausbruch der Pandemie Jahresprognosen häufig sogar übertroffen hat und im Jahr 2019 österreichweit die niedrigste Arbeitslosenquote verzeichnete, konnte mit Ende Mai 2021 an das Vorkrisenniveau angeknüpft werden – auch an die damaligen Trends, die eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt darstellen: „Tirol zählt zu den stärker entwickelten Regionen der EU und ist ein attraktiver und innovativer Wirtschaftsstandort. Das zeigt sich auch an der vergleichsweise geringen Arbeitslosenquote. Doch der Mangel an Arbeitskräften in nahezu allen Bereichen wirkt sich auch bei uns negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit aus“, sagt LR Mattle, sodass es umso wichtiger ist, gegenzusteuern.
Langfristig müsse man vor allem den demografischen Wandel und die veränderten Ansprüche jüngerer Generationen berücksichtigen. Während das Durchschnittsalter in Tirol derzeit bei 42,7 Jahren liegt, wird es im Jahr 2030 bereits 44 Jahre betragen. Zudem wird 2030 ein Viertel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Weiters stehen die ökologische Transformation der Wirtschaft und die Digitalisierung sowie anhaltende Langzeitarbeitslosigkeit im Fokus. Die Flexibilisierung der Arbeit sei ein „unverzichtbarer Hebel, um Negativtrends entgegenzuwirken“, sagt LR Mattle.
Laufendes Monitoring für Erfolgsprüfung
Die für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie „Arbeitsmarkt Tirol 2030“ benötigten Vorbereitungs- und Koordinierungsaufgaben werden in einer Koordinationsstelle bei der amg-tirol angesiedelt. Um den Erfolg der Strategie zu erörtern, werden laufend Indikatoren auf Basis von Zahlenmaterial von AK und WK Tirol, dem AMS oder auch aus dem Mikrozensus geprüft – beispielsweise Arbeitslosenquote, Gender Pay Gap oder der AMS-Einschaltgrad von offenen Stellen.
Statements der Sozialpartner und Interessensvertreter
Erwin Zangerl, Präsident Arbeiterkammer Tirol: „Aktuell sind die Zahlen des Tiroler Arbeitsmarktes zwar sehr erfreulich, aber es besteht absolut kein Grund zu übertriebener Freude. Die massive Teuerung bringt viele Menschen in Tirol an ihre finanzielle Belastungsgrenze und darüber hinaus. Deshalb dürfen weitere Unterstützungsmaßnahmen nicht ausbleiben. Denn wir haben auch noch die langfristigen Herausforderungen zu bewältigen: Digitalisierung, Demographie, Klimakrise. Gerade in unsicheren Zeiten muss deshalb das Fundament des Tiroler Arbeitsmarktes gestärkt werden. Dazu sind hochwertige, ganzjährige Arbeitsplätze, attraktive und ausreichend geförderte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, der Ausbau der Kinderbetreuung und vieles andere mehr notwendig. Die Strategie ‚Tiroler Arbeitsmarkt 2030‘ spricht die wesentlichen Themen für den Arbeitsmarkt an und wird breit von den Partnern im Land getragen. In der Umsetzung müssen wir bereit sein, neue Wege zu gehen, denn weitere Herausforderungen werden sicherlich auf uns zukommen.“
Martin Wetscher, Vizepräsident Wirtschaftskammer Tirol: „Gemeinsam und umfassend – so ist die vorliegende Strategie erarbeitet worden. Dafür bedanke ich mich bei allen Partnern. Der Strategie liegen tiefe Überlegungen zugrunde und es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt als jetzt, diesen Fahrplan zu präsentieren. Er dient uns in den kommenden Jahren als Leitlinie. Mit den akuten Herausforderungen des Personalmangels sind wir nicht allein: Es handelt sich um ein weit verbreitetes Problem in Europa. Doch wichtig wird es in jedem Fall sein, dass wir unser Denken aufbrechen und dass Menschen, die leistungsbereit sind, arbeiten können – ob in Form von Überstunden oder freiwillig trotz Erreichen des Pensionsalters. Wir müssen für sie alle Arbeitsmöglichkeiten schaffen, ohne ihre Motivation durch erhöhte Abgaben etc. zu verringern.“
Philip Wohlgemuth, Vorsitzender des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Tirol: „Ein sicherer Arbeitsplatz, gute Einkommen, umfassende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und die Absicherung im Fall des Arbeitsplatzverlustes sind entscheidende Indikatoren, um für die Menschen in unserem Bundesland ein gutes Leben zu gewährleisten. In unserer gemeinsam erarbeiteten Strategie geht es nicht nur darum, Menschen für den Arbeitsmarkt zu gewinnen, wir wollen sie dort auch halten und zwar in guten Jobs mit fairen Einkommen, von denen man leben kann. Wesentlich ist hierfür die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – es freut mich sehr, dass hier ein gemeinsamer Schulterschluss zu maßgeblichen Verbesserungen gelungen ist. Mit der Stärkung der Lehrausbildung und Unterstützung junger Menschen – unter anderem mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit – setzen wir ein wichtiges Zeichen für junge Menschen und sorgen gleichzeitig für die dringend benötigten Fachkräfte der kommenden Jahre. Wir brauchen in Tirol eine Politik für Wachstum und Beschäftigung sowie soziale Sicherheit, in deren Mittelpunkt der Mensch steht. Mit der Strategie ‚Arbeitsmarkt Tirol 2030‘ ist uns die Weichenstellung zu einem guten Leben für alle gelungen.“
Alfred Lercher, Arbeitsmarkt Service Tirol: „Um den Herausforderungen heute und morgen am Tiroler Arbeitsmarkt gut begegnen zu können, braucht es wirksame arbeitsmarktpolitische Instrumente und Angebote. Die Strategie ‚Arbeitsmarkt Tirol 2030‘ liefert hierfür eine Fülle an Vorschläge und Ideen, die sich an das ganze Land richten. Das AMS Tirol startet bereits im September mit konkreten Maßnahmen. Neu ist die Fachkräfteoffensive Tirol: Wir bringen Menschen ohne abrufbare Fachausbildung zu Höherqualifizierung in besonders nachgefragten Berufen wie beispielsweise Pflege, Klima und Technik und wir stehen hier, mit besonderem Fokus auf den Tourismus, natürlich auch für eine Kompetenzerweiterung in der angestammten Branche ein. Zur Verbesserung der Erwerbschancen von Frauen legen wir bis Ende des Jahres zusätzlich eine Studie vor, die sich mit dem Bedarf und dem Ausbau qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung in Tirol befasst und aufzeigt, wie diese auf den individuellen Bedarf von Eltern und Betrieben abgestimmt werden kann. Das sind konkrete erste Schritte. Um den Herausforderungen bis 2030 gerecht zu werden, bedarf es weiterer gemeinsamer Anstrengungen sowie operativer, aber auch politischer und monetärer Weichenstellungen. Die Zeit ist aber trotz aller Unsicherheiten voller Chancen am Arbeitsmarkt, speziell für Arbeitsuchende.“
Downloads
Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030
Kurzfassung Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030
Pressemeldung des Landes Tirol | LR Mattle | LRin Gabriele Fischer | Arbeit & Wirtschaft: „Arbeitsmarkt Tirol 2030“: Fahrplan auf Schiene | Land Tirol
Wir freuen uns über Ihre Nachricht!
Wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Schreiben Sie uns einfach.